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Gisela und Eddi Böhnke

An den Rand
Europas

In den Ausgaben des Bordbuches 2020 u. 2021 berichtete Eddi Böhnke über die Reise nach Marokko und Island. Hier hatte der 4×4 Camper auf Transporter-Basis, der Nachfolger des Weltreise-Unimogs geworden war, seine ersten Europatests bestanden. Nun geht es wieder in den Süden, nach Sizilien. Gisela und Eddi sind gespannt, wie er nach der Weite des Nordens das enge Italien (über)erleben wird. 

 

Monreale

 

Kaum haben wir den Fährhafen in Palermo verlassen, gibt es am nächsten Tag, quasi um die Ecke, den ersten Höhepunkt der Sizilien-Visite. Im Dom des malerischen Monreale recken wir die Hälse und sind ganz ergriffen von der mit vielem Gold ausgeschmückten künstlerischen Pracht, die eine für Sizilien typische Symbiose aus byzantinischen, arabischen und romanischen Elementen ist. Zwei Besonderheiten machen die Kathedrale zu einem begehrten Besucherziel. Das sind die überaus reich ausgeführten Mosaiken, die sage und schreibe über 6 Tausend Quadratmeter bedecken. Und das ist der Kreuzgang mit seinen ornamentierten 228 Säulen, jede von ihnen anders als die andere.

Abenteuer Weltreise

Bella Sicilia

Der Start steht unter einem guten Stern. Es ist April und das Land präsentiert sich in voller Wildblumenpracht. Dieser erste positive Natureindruck verbindet sich mit der Idylle, die uns in den kleinen Dörfern und Städten begegnet. Die auf uns wirkenden Bilder sind schwer zu beschreiben. Wir können nur feststellen, dass da etwas dran ist, an dem Spruch, Sizilien wäre nicht Italien. Aber anstatt die Hintergründe zu erforschen, lassen wir uns einfach treiben.

Die Womo-Zwischenbilanz:

Bereits nach ein bis zwei Wochen bestätigt sich erneut die Erfahrung, eine gute Entscheidung getroffen zu haben, das Fahrzeug mit Allrad auszustatten. Bei unserer täglichen Suche nach freien Stellplätzen befinden wir uns zwar in einem „engen“ Land, aber die vorhandene Infrastruktur macht es doch relativ leicht für unseren Anspruch. Was viel deutlicher auffällt ist, dass wir mit einem Mobil, das seine Außenmaße überschritten hätte, in den Gassen der kleinen Orte vielleicht nach kurzer Zeit kapituliert hätten. Was bleibt, für Reisen dieser Art: Kleiner Camper oder Ansprüche ändern. Wir hoffen, dass wir bei den jetzigen Ansprüchen bleiben, zumindest was die Größe des Mobils betrifft.    

Eddi Special

Die Tempel

Wer Sizilien besucht, kommt an den Tempeln nicht vorbei. Aus gutem Grund. Denn das Interessante ist, dass einige dieser griechischen Monumente zu den besterhaltensten in der Welt zählen. Kaum zu glauben, was die „Besatzer“ im 5. Jahrhundert hier hinterlassen haben. Die Tatsache, dass viele dieser Tempel in Küstennähe liegen, führt uns automatisch zu einer Umrundung der Insel. Und wenn man dann wieder einen Rückzug braucht, unterbricht man einfach irgendwo und macht einen Ausflug ins Inland. Bis neue Entdeckerlust aufkommt.

Erice

Nach einer Weile beginnen wir, uns immer mehr in die kleinen urigen Städtchen zu verlieben. Hervorzuheben ist dabei das im Westen hoch oben auf einem Berg gelegene Erice. Man fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt, wenn man durch die engen Gassen wandelt. Allein das in seiner Art auffallende und sich fast durch den ganzen Ort ziehende Kopfsteinpflaster ist hier ein besonderes Merkmal. Mir gehen die Fotografenaugen über, weil ich ständig neue, wunderschön morbide Bilder sehe. 

Und wir sind rundum zufrieden, dass wir in der Nebensaison reisen. Was dem glücklichen Umstand zu verdanken ist, dass wir uns schon vor vielen Jahren entscheiden konnten, nicht mehr in der Hochsaison unterwegs zu sein.

Am Ätna

Als wir in der Nähe von Catania sind und in der Ferne den rauchenden Ätna erspähen, kommt das starke Bedürfnis, uns etwas mehr zu bewegen. Weil der Berg mal wieder grummelt, hat er für uns entschieden und wir wählen anstatt
einer Besteigung einen einfacheren Weg. An der Nordflanke gibt es ein paar angenehme Wanderwege für Halbtagestouren, kleine Expeditionen mit Vulkangefühl. Weiße Birkenstämme vor einer schwarzen Landschaft, zwischendurch Kraterrände, die man erklimmen kann. Und am Rande des Nationalparks finden wir sogar noch einen Stellplatz auf Vulkangestein und Lavaasche. Was will man mehr!

Aber es bleiben uns nur ein paar Tage, denn am anderen Ende der Insel wartet ein besonderes Ereignis. 

Die lange Nacht in Trapani 

Als wir uns auf den Weg ins Städtchen machen, hören wir schon die schaurig- schöne, schleppende Blasmusik. Plötzlich sind wir umringt von einer Menschenmasse. Die berühmte, über 400 Jahre alte Karfreitagsprozession hat begonnen. Eine unglaubliche Atmosphäre saugt uns auf. Zwanzig kunstvoll gestaltete, schwere Statuengruppen, jede von 12 Männern getragen, werden durch die Gassen von Trapani getragen. Der schwerfällige Wiegeschritt der Männer und der folgenden Gläubigen ist synchron mit den Kapellen, Trommlern und Chören.  Noch nie haben wir diese Mischung aus ernsthafter Gläubigkeit, beschwingter Freude am Fest und folkloristischer Verbundenheit erlebt.     

Nach 10 Stunden des Marsches, so gegen Mitternacht, sind wir erschöpft und ziehen uns in den Hafen zurück, wo an der Reede unser Camper steht.

Früh am Morgen gehen wir an so manch einem müden Gesicht vorbei, um uns dann wieder dem Zug anzuschließen. Der bewegt sich extrem langsam weiter und wird erst nach insgesamt 24 Stunden wieder an seinem Ausgangspunkt an der Kirche sein. Dann werden wir bei der längsten und ungewöhnlichsten Prozession Italiens dabei gewesen sein. Und ein Fest voller Lichter, Musik, Farben und Emotionen.

In einer langen Nacht in Trapani.


Das große Abenteuer

Gisela und Eddi Böhnke auf der Reise ihres Lebens

Das Bordbuch erscheint seit 2008 und ab der ersten Ausgabe waren Gisela und Eddi Böhnke und ihre Geschichte mit an Bord. Oder vielleicht besser gesagt, wir mit ihnen. Sie haben etwas gewagt, wovon viele träumen. Die Idee, mit einem Reisemobil die Welt zu erkunden, wurde in die Tat umgesetzt. Aus dem Vorsatz, mit einem Unimog eine große Reise zu unternehmen, wurde die Reise ihres Lebens. Geplant waren eigentlich nur 10 Jahre und für diese Zeit war auch ihr Budget veranschlagt. Das war 1989 und natürlich kam alles ganz anders. Letztendlich dauerte die Reise 22 Jahre, davon lebten sie allein 18 auf den 6 Quadratmetern Wohnfläche ihres Unimogs. Unterwegs entwickelte Eddi ein Interesse an journalistischer Fotografie und beide drehten fünf Dokumentationen für das Fernsehen. 

Mittlerweile sind aus einer großen Reise viele kürzere geworden und das Bordbuch-Team freut sich, auch diese mit begleiten zu dürfen.